Wenn die eigene Rede die Zuhörer nur dazu inspiriert, das Mobiltelefon zu checken, die Gesichtsausdrücke weiter zu versteinern und die Arme stärker zu verschränken, ist das tatsächlich keine schöne Vorstellung. Insofern ist dieser Angst-Trigger nachvollziehbar. Doch muss eine derartige Angst tatsächlich davon abhalten, öffentlich zu reden? Ist sie ein wirklich belastbarer Grund dafür, zu schweigen, wenn das Bedürfnis oder der Wunsch zu reden vorhanden ist? Nein! Es gibt mindestens zwei Möglichkeiten, sich als RednerIn vor einem gelangweilten Publikum zu schützen.
Strategisches Vorbeugen und improvisierte Heilung
Zum einen können die Erwartungen eines Publikums vorab geklärt werden. Ein Publikum besteht wie jede Menschenansammlung aus einzelnen Menschen. Sind deren Erwartungen abzuschätzen? Warum gehen diese Personen zu dieser Veranstaltung? Wegen des Titels? Weil sie ein Abonnement haben? Aus Wissbegier? Aus beruflichen Gründen? Weil es Ihre KollegInnen und Vorgesetzten sind? Was ist deren Not? Was wollen und was brauchen sie? Und wenn nichts anderes, dann Unterhaltung? Lachen sie gerne? Oder passt das so gar nicht zur Veranstaltung?
In manchen Fällen, zum Beispiel bei geschlossenen Seminaren, ist es tatsächlich auch möglich, Wissensstand, Humorpegel und die Erwartungen vorab einzeln abzufragen. In Ihrem eigenen Interesse.
Und wenn Sie erst während der Veranstaltung als RednerIn das Gefühl haben, im falschen Film zu sein, vor dem völlig falschen Publikum zu stehen? Dann übernehmen Sie die Verantwortung. So oder so: Sie können entweder Ihr Programm durchziehen und die Angelegenheit hinter sich bringen. Oder: Spontan mit dem Publikum in Kontakt treten und vielleicht sogar einen Dialog ermöglichen. Metakommunikation in manchen Fällen. Wie genau, das hängt von der Veranstaltung und dem Moment ab. Sie sind ja keine DVD oder Bildungskonserve, sondern ein menschliches Wesen, das zu diesem nicht wiederkehrenden Zeitpunkt die Bühne, den Tisch oder das Podium belebt. Live. Lebendig. Alles andere als langweilig! Auch hier ist üben hilfreich. Immer wieder und trotz Allem.
Also: Angst-Trigger* Nummer 4 ist kein Grund, nicht öffentlich zu reden. In 14 Tagen prüfen wir dann Trigger Nummer 3. Solange können Sie ja schonmal etwas lesen.
* nach Controlling your Fear aus der Better Speaker Series von Toastmasters International, Mission Viejo, USA, 2011