Rekreation: erholen und wieder erschaffen

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Ein Berliner See namens Krumme Lanke

„Nichtstun ist die schwierigste Tätigkeit und zugleich diejenige, die am meisten Geist erfordert.“ Oscar Wilde

Mit am faszinierendsten am Leben finde ich, dass sich die komplementären Yin-Yang-Qualitäten im Nervensystem spiegeln:

  • Das zentrale, somatische Nervensystem, ist Sitz der willkürlichen Motorik, steuert quasi willentlich die Muskeln.
  • Das vegetative, autonome Nervensystem, hingegen ist, es sei denn Sie sind Superyogi, so gut wie nicht mit Willenskraft zu beeinflussen. Es steuert die Organe und setzt sich aus zwei komplementären Anteilen zusammen:
  • Dem Sympathikus, der für Aktivierung, vor allem auch Kampf oder Flucht, zuständig ist.
  • Dem mir wesentlich sympathischeren Parasympathikus, der Erholung, Verdauung und Selbstheilung ermöglicht.

Wie mein Interesse am Parasympathikus mich in die Sympathikonie und zurück führte

Der wichtigste parasympathische Nerv ist der Nervus Vagus, der Umherschweifende. Unter den zwölf Hirnnerven ist er derjenige, der vom Kopf durch den Körper bis in den Dickdarm zieht. (Manche sagen sogar bis zu den Keimdrüsen.) Dieser Nerv, mit den anderen parasympathischen Nerven, die zum Beispiel auch aus dem Kreuzbein in das Becken heraustreten, ist es, der unserem andauerndem Kampf oder Flucht-Stress etwas entgegensetzen kann, bzw. könnte. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Stress inzwischen offiziell zum weltweiten Gesundheitsrisiko Nummer 1 erklärt.

Wir brauchen den Parasympathikus nicht nur zum Faulenzen an sich, sondern auch, um dabei (oder anschließend) zu kreativ sein, neue Perspektiven zu sehen, entspannt zu kooperieren oder, wenn’s sein muss, hervorragende Spitzenleistung zu liefern. Auch und gerade Leistungssportler haben Entspannungsphasen in ihren Trainingsplan integriert. Dem Thema REKREATION, Parasympathikus, sowie passiven und aktiven Entspannungstechniken, ist in Selbstmarketing für Schüchterne eins von fünf Kapiteln gewidmet.

2010 führte mich mein Interesse an Parasympathikus und Nervus Vagus in eine fünfjährige Osteopathie-Ausbildung. Meine Frage war: Gibt es Möglichkeiten und Techniken, von Außen (ohne Medikamente, Neuro Enhancer, legale und illegale Drogen) Einfluss auf den Ausgleich des vegetativen Nervensystems zu nehmen? Kann der Vagus gestärkt werden? Ich lernte Anatomie, Physiologie, Neurologie, craniosacrale, viszerale und parietale Techniken und kann mich nicht erinnern, jemals soviel theoretischen und praktischen Lernstoff aufgenommen zu haben. Der Nachteil: ich war zuletzt alles andere als entspannt. Mit täglichen Power Naps, Meditationen und (passiven) osteopathischen Behandlungen glich ich, so gut es ging, aus. Triumph der Plastizität des Gehirns auch im fortgeschrittenen Alter: Am 10. Juni bestand ich die letzte von insgesamt vier Abschlussprüfungen. Am 11. Juni wachte ich, erschrocken, mit dem Gedanken auf: „Ich habe meine Prüfung verschlafen!“

Inzwischen hat mein Nervensystem sich halbwegs ausgeglichen. Beispielhafte Rekreation. Ich danke Gott und Allen, die mit mir gelernt haben. Und übe nun die schwierigste Tätigkeit, so oft wie irgend möglich:  Nichtstun. NICHTS TUN. JETZT.

 

Susanne Hake

Praxis für Osteopathie,

Körperpsychotherapie

und Coaching

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Foto: dpa.com/Silas.Stein

Entspannter leistungsfähig:

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