Wissenschaft — Die Posse um die Power Pose

Wissenschaft Power Pose Studien

Wie wissenschaftlich arbeitet
die Wissenschaft?

Die Debatte um eins der erfolgreichsten TED Videos aller Zeiten geht weiter. Die Vorgeschichte: 2012 trat die Harvard Professorin Amy Cuddy auf diese Bühne. Und stand öffentlich zu einer von ihr und zwei KollegInnen durchgeführten wissenschaftlichen Studie von 2010. Nicht irgendwie und metaphorisch. Sondern mit hüftbreit aufgesetzten Füßen, die Hände in die Hüften gestemmt, das Brustbein hoch und den Blick gerade aus gerichtet. Wie Wonder Woman, in Power Pose.

Die Haltung in der Wissenschaft

Diese Power Pose ist eine expansive Haltung bei der sich, laut Cuddys Studie, die Hormone im menschlichen Körper massiv ändern. Das Dominanzhormon Testosteron gehe um 20 Prozent hoch. Das Stresshormon Cortisol um 25% runter. Tausende von TrainerInnen und Coaches weltweit stellten diese Pose nach. Und die wissenschaftlichen Erkenntnisse ihren KlientInnen zur Verfügung. Darunter auch ich. Hey, die Studie kam von der Universität Harvard; Ivy- (Efeu) und nicht Dandelion- (Löwenzahn) League (Liga)!  Doch nach und nach folgten erweiterte und andere Studien zum Thema, die die Ergebnisse in Frage stellten. Müssen wir uns jetzt krümmen und vor Scham in den Boden versinken?

Der Weg der Wissenschaft

Nun, wenn ich eins nicht mag, sind es angebliche „wissenschaftliche Studien“. Zum Beispiel die „Inhalt zählt ja nur 7%“-Studie, die so oft von StylistInnen und Charisma-Trainern (Toni Erdmann!) angeführt wird. Da wetter ich dann gerne auch dagegen. Doch im Fall der Power Pose? Als ich vor zwei Jahren erstmals von Zweifeln an der Studie hörte, gab ich diese weiter: „Allerneueste wissenschaftliche Studien zeigen: Wenn sie in der Power Pose stehen und sich dabei vorstellen, dass sie von einem Zollbeamten durchsucht werden, wird ihr natürlich Cortisolspiegel steigen. Denken Sie also an etwas Stärkendes, Ihre Ziele oder jemanden, den Sie lieben.“

Und inzwischen? Ich müsste wohl auch darüber reden, dass gerade Cortisol-Messung, ob in Blut oder in Speichel über 24 Stunden stündlich, komplizierter ist als einfache Leberwerte. Dass nicht ganz klar ist, ob einige StudienprobandInnen mehr über das erwünschte Ergebnis wussten als sie sollten. Dass es nunmal der Weg der Wissenschaft ist, dass andere WissenschaftlerInnen Studien wiederholen und dabei zu anderen Ergebnissen kommen. Und mediale Aufmerksamkeit auch unter WissenschaftlerInnen zu Neid und Missgunst führt.

Ich erwähne die Power Pose gar nicht mehr. Schließlich gibt es auch andere Übungen, um die MindBody-Verbindung deutlich zu machen. Und genug bewährte Studien darüber, dass sich Raum nehmen stärkend wirkt und eine gute Haltung schön und vor allem auch gesund ist.

Susanne Hake

Master of Fine Arts, 

Entspannter-leistungsfähig-Coachin, Kommunikationsberaterin.

Mit Wissen und Erfahrung von Medien/Kommunikation einerseits und Körperpsychotherapie/Osteopathie andererseits, biete ich lösungsfokussiertes Coaching.

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Foto: dpa.com/Silas.Stein

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