Es gibt zwei Möglichkeiten auf die Kombination von Achtsamkeit mit Selbstmarketing empört zu reagieren:
Die einen, denen der Begriff Achtsamkeit bisher meist nur aus psychotherapeutischer Praxis, Frauenzeitschriften und Wellness-Magazinen bekannt ist, fragen: Was hat dieses hehre Wort mit so etwas (vermeintlich) schrecklichem wie Selbstmarketing zu tun?!
Die anderen, die meistens mit dem Wort Selbstmarketing weniger Probleme haben, schrecken bei dem (ihrer Ansicht nach esoterischen) Wort Achtsamkeit zurück. Sie befürchten, dass ihnen damit eine räucherstäbchenschwenkende Schlaftablette das Tempo vorgeben wird.
Eine Pattsituation der Vorurteile. Warum verwende ich also statt ‚Achtsamkeit‘ nicht einfach ‚Konzentration‘, im Sinne von: „Konzentrieren Sie sich gefälligst auf Ihr Selbstmarketing, machen Sie einen konzentrierten Plan, ziehen Sie den konzentriert effektiv durch und fertig ist die berufliche Selbstoptimierung.“
Das mache ich schon deshalb nicht, weil ich mit dem beruflichen Hintergrund von Werbung, Körperpsychotherapie und Spielfilmregie einen anderen Horizont habe. Und weil ich selber meditiere. Und vor allem weil Achtsamkeit (vom altindischen „Sati“, bedeutet: Bewusstsein, Aufmerksamkeit, Erinnerung) nicht dasselbe ist wie Konzentration und gerade deshalb so hilfreich. Speziell für Schüchterne, Introvertierte und Hochsensible.
Lassen wir Jon Kabat-Zinn, Lehrer der Achtsamkeitsmeditation und MBSR-Gründer, zu Wort kommen: „…so intensiv und befriedigend es auch sein mag, sich in der Konzentration zu üben, bleibt das Ergebnis doch unvollständig, wenn sie nicht durch die Übung der Achtsamkeit ergänzt und vertieft wird. Für sich allein ähnelt sie (die Konzentration) einem Sich-Zurückziehen aus der Welt. Ihre charakteristische Energie ist eher verschlossen als offen, eher versunken als zugänglich, eher tranceartig als hellwach. Was diesem Zustand fehlt, ist die Energie der Neugier, des Wissensdrangs, der Offenheit, der Aufgeschlossenheit, des Engagements für das gesamte Spektrum menschlicher Erfahrung. Dies ist die Domäne der Achtsamkeitspraxis…“ (Jon Kabat-Zinn: Im Alltag Ruhe finden. Das umfassende praktische Meditationsprogramm. 7. Auflage. Herder, Freiburg 2007, S. 75)
Deshalb wird in ‚Selbstmarketing für Schüchterne‚ gleich im ersten Kapitel ‚SITUATION – Heben Sie Ihre verborgenen Schätze‘ auch die achtsame Wahrnehmung der eigenen Haltung, der Gedanken und Gefühle einerseits und der Welt andererseits geübt. Um auf dieser Basis von einer entspannteren Gegenwart aus zu wählen, was aus Ihrer Vergangenheit mit in Ihre Zukunft darf.
Spätestens auf Seite 207 im Kapitel ‚REKREATION – Entspannen Sie um zu optimieren‘ können Sie dann informiert für sich entscheiden, ob MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) nach Kabat-Zinn überhaupt Ihr Ding ist. Oder ob Sie eine der anderen vorgestellten, passiveren oder aktiveren, Methoden bevorzugen. Achtsamkeit und Selbstmarketing, so wie ich es verstehe, passen zusammen. Einerseits weil durch diese Kombination Selbstkenntnis erweitert und Stress reduziert wird. Andererseits weil dadurch Erfolge selbstbewusster definiert und gefeiert werden können.