Vielleicht ist dir diese Aussage auch im Laufe der letzten Wochen ans Trommelfell gekommen: „Vor Corona haben alle Selbstständigen über Purpose geredet. Jetzt nur noch übers Überleben.“
Mir kommt dieser Gedanke, seitdem ich ihn vor Wochen in einem US-amerikanischen Podcast hörte, öfter in den Sinn. Und ich frage mich inzwischen – bei allem Ärger darüber – ob da etwas dran sein könnte.
Purpose und Profit
Das Wort Purpose wird meistens mit Zweck übersetzt, manchmal auch mit Ziel. Ich definiere es lieber mit Sinn. Doch gerade, wenn es Zweck und Ziel übersetzt werden könnte, müsste doch klar sein, dass der Zweck und das Ziel eines Unternehmens zumindest auch sein müsste, zu überleben. Selbst bei einem erklärten Non-Profit Unternehmen.
Bei einem For-Profit-Unternehmen – die Mehrzahl der Selbstständigen sind dieser Gruppe zuzuordnen – ist der Gewinn existentiell. Für sie selber und vielleicht sogar ihre Familien.
Einerseits, bei der Übersetzung Zweck, liegt also offenbar die Verwechslung vor, dass Purpose so gar nichts mit Überleben zu tun hat.
Andererseits, wenn ich meine bevorzugte Definition heranziehe, dass Purpose Sinn bedeutet: Gerade in schwierigen Zeiten ist Purpose nicht automatisch Elfenbeinturm-Gefasel. Sinn kann gerade für Selbstständige Gewinn-maximierend sein.
Denn neben Einsparungen, klarer Analyse und belastbaren Zahlen, dient der Sinn der Orientierung. Auch und gerade der Orientierung zu den Kund:innen und damit zum Markt hin.
Die Gefahr von Gefasel
Zugegeben: Vielleicht diente das Purpose finden vielen Selbstständigen in den letzten Jahren eben nicht nur dem Sinn und der Orientierung. Sondern der Ablenkung. Eher der Bremsung als der Klarheit. Denn viele fragten sich zuuuuuu lange, warum sie auf der Welt sind, wer die wirklich idealen Traumkund:innen sein könnten und was genau nun der perfekte Pitch ist. Statt zu machen, auszuprobieren, Feedback einzuholen, zu testen und von eigenen Fehlern zu lernen.
3 Möglichkeiten zum eigenen Purpose
Denn bei allen Workshops und Seminaren zu dem Thema: Im Grunde gibt es genügend Möglichkeiten, ihn für sich zu finden. Diese drei halte ich für effektiv:
1. Ikigai, aus der japanischen Tradition, hier vereinfacht: Frage dich (bei a. vielleicht auch andere)
- „Was kann ich besonders gut?“
- „Welche Tätigkeit liebe ich zu tun?“
- „Was braucht die Welt?“
- „Wofür wird (gut) gezahlt?“
Und schaue dir dann die Schnittmengen deiner Antworten an. Denn ideal wäre es natürlich, wenn die 4 Kreise sich treffen. Und bei 3 Kreisen oder weniger, dass obiger Punkt 4 dabei ist. Letzteres natürlich nur dann, wenn du dich gezwungen siehst, gewinnbringend zu arbeiten.
2. Start with Why nach Simon Sinek
Mache dir das Warum deines Unternehmens klar. Und danach das Wie und das Was.
3. Purpose findet dich
Eine nicht ganz von der Hand zu weisende Theorie zum Purpose ist: Du findest ihn nicht. Er findet dich. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat er dich schon gefunden. Deshalb schau dir die Erfolge aus deiner Vergangenheit an. Was davon darf mit in deine Zukunft, was lässt du lieber zurück? Und sei präsent in der Gegenwart, um Gelegenheiten zu erkennen.
Sinn dieses Beitrags
Lass dir, schon der Wirtschaftlichkeit zuliebe, keine Angst machen. Weder von P noch von anderen Politiker*innen, noch von Klugscheißer*innen in deinem Umfeld. Denn (unnötige) Angst ist nicht nur das Gegenteil von Liebe, sie macht auch dumm. Weil sie den Teil deines Gehirns, der das konstruktive Denken ermöglicht, ausschaltet.
Schaue einfach auf die Fakten, die Zahlen und deine Möglichkeiten und mach dann was. Weiter wie immer, fast wie immer oder etwas wirklich Neues. Vielleicht auch mit anderen. Möglichst entspannt und gelassen. Denn: das flexiblere Nervensystem gewinnt.