Nervus Vagus – Der Selbstheilungsnerv?

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Hirnnerven – altes und unleserliches Modell.

Der Vagusnerv – nervus vagus (aus dem lateinischen: der herumschweifende Nerv) – wird dem vegetativen Nervensystem zugeordnet. Genauer gesagt dem parasympathischen Anteil, der für Verdauung, Selbstheilung und Erholung steht. Damit ist er nicht nur der Lieblingsnerv der Osteopathen, sondern anatomische Tatsache.

Der Nervus vagus zählt zu den 12 Hirnnerven. Das heißt: Dass er im Gehirn seinen Ursprung hat und von dort in den Körper schweift.

Nervus Vagus – der tourende Popstar

Der erste Fan dieses Vagabunden war einer der ganz großen alten Griechen. Der Arzt Claudius Galenos, der vor allem in Rom arbeitete. Denn dort war er der Leibarzt der damaligen Sportstars. Der Gladiatoren. An ihnen – und nicht nur an ihnen, sondern auch an Affen und Schweinen – studierte er den Vagusnerv. Er stellte fest, dass eine Durchtrennung dieses Nervs bei Verletzungen zu Funktionsstörungen im ganzen Körper führt. Auf Basis seiner Texte wurden im Laufe der darauf folgenden zwei Jahrtausende medizinische und psychologische Anatomie geschrieben und gezeichnet. Kurz gefasst: Das vegetative Nervensystem funktioniert komplementär. Es gibt einen Sympathikus-Anteil, der für Kampf und Flucht aktiviert, und einen Parasympathikus-Anteil, der für Entspannung, Verdauung und Selbstheilung zuständig ist. Das einzige, was bei diesem Zweiklang fehlt, ist der dritte Ton. Denn wurde nicht immer von Kampf, Flucht oder Totstellen gesprochen? Wer ist denn nur für diese, auch sehr beliebte Konfliktbewältigungsstrategie zuständig?

Polyvagal-Theorie: Der Dreiklang des vegetativen Nervensystems

Dr. Stephan Porges, Verhaltens-Neurowissenschaftler, damals Direktor des Brain-Body Center an der Universität von Ilinois in Chicago, stellte 1994 eine weiterführende Theorie vor. Unser autonomes Nervensystem hat nicht nur zwei Anteile als Gegenspieler, sondern drei Anteile, die miteinander Verbindungen eingehen. Polyvagal-Theorie nannte er diese. Schon in der Bezeichnung erkennen wir: Mehrere (=Poly) Vagus (Vagal)-Nerven, nämlich: zwei Anteilen, die sich jedoch, mit Hilfe eines anderen Nervs,  zu drei Schaltkreisen verbinden. Der Doktor, der inzwischen unter anderem am Kinsey Institute der Universität Indianapolis forscht, unterscheidet zwischen einem hinteren und einem vorderen Anteil des Vagusnervs.

Diese entspringen erstens an verschiedenen Orten im Gehirn. Zweitens sind sie entwicklungsgeschichtlich unterschiedlich alt. Drittens haben sie andere Funktionen. Der hintere Anteil fährt den Körper bis hin zum Totstellen, beziehungsweise auch weiter,  runter.  Der vordere übernimmt nicht nur die Funktionen ‚Verdauung, Selbstheilung und Erholung‘, sondern eine bisher, im Vagus-Zusammenhang, offenbar unzureichend bedachte: Kontakt und Kommunikation. So ist dieser Anteil demnach auch in Verbindung mit den Mimiknerven im Gesicht. Genauer: in der oberen Gesichtshälfte, dort, wo der Sphinkter-Muskel um die Augen herum verläuft. Dieser Teil des Nerves ist stärker myelinisiert als der andere. Eine Myelinschicht um die Nerven bedeutet eine schnellere Reizleitung. Dieser vordere Vagus-Anteil hat sich angeblich erst bei den Säugetieren entwickelt. Und der Nerv an sich übernimmt offenbar auch die Wahrnehmung, um zwischen sicheren Kontakt und nicht-sicheren Kontakt zu unterscheiden. Neurozeption wird das genannt. Eine sichere Situation ermöglicht dann Face-to-Face-Kontakt, spielerischen Umgang und eine vorübergehende Immobilität, um körperliche Nähe zuzulassen und sich damit nervlich gegenseitig zu regulieren. Kuschelnd zu beruhigen. Hin zu mehr und mehr Entspannung.

Fazit und meine Meinung

Die Polyvagal-Theorie hat das Zeug zum Pop-Science-Kitsch, so wie die Quanten- und Chaos-Theorie. Doch auch die habe ich als Master of Fine Arts und Osteopathin ja nicht wirklich verstanden. 😉  Sie vielleicht? Mal im Ernst:  Meiner Erinnerung nach wurde auch vor der Polyvagal-Theorie schon von ‚Kämpfen, Flüchten, Totstellen‘ in einem Atemzug gesprochen. Also dem vegetativen Nervensystem zugeordnet, von dem der Vagus ein wichtiger Teil ist. Und der Begriff Neurozeption macht für mich gar keinen Sinn: Selbstverständlich kommen Sinneseindrücke, um eine Situation als freundlich oder feindlich zu bewerten, über Nerven ins Bewusstsein. Die Nerven der Sinnesorgane. Und wenn die Information dann nicht wirklich bewusst ausgewertet wird, dann doch wenigstens unbewusst. Manche sagen dazu unwillkürlich. So wie so vieles andere derart automatisch verarbeitet wird. Viel mehr als bewusst und willkürlich. Und auch das sind natürlich nur Modelle.

Sie teilen meine Meinung und möchten jetzt einen entspannten Termin in meiner Praxis? Dann kämpfen Sie nicht länger. Flüchten sie nicht weiter. Stellen Sie sich vor allen nicht länger tot. Sondern nehmen Sie gerne den Kontakt auf: Bitte hier klicken.

Susanne Hake

Praxis für Osteopathie,

Körperpsychotherapie

und Coaching

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Foto: dpa.com/Silas.Stein

Entspannter leistungsfähig:

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